Dienstag, 1. Januar 2013

Familiengericht Münster (IV)

Dieser Gutachter ist Partei

Wie sorgfältig der Gutachter die Akten studiert und ausgewertet hat, kann man nur beurteilen, wenn man diesen Fall in allen Einzelheiten kennt. Aber auch dann ist es nicht leicht, die Ausführungen nachzuvollziehen. Immer wieder springt der Gutachter hin und her, wechselt nach Belieben die Jahre, welcher Methodik er folgt, bleibt unerfindlich. Wie aus dem Nichts taucht beispielsweise der Satz auf: "Für N. sei inzwischen eine Pflegefamilie gefunden worden." 

Dazu muss man wissen, dass die Kleine bis Ende März 2011 bei einer Ersatzpflegefamilie gelebt hat. Wann also ist für N. eine Pflegefamilie gefunden worden? Der Gutachter schreibt: "Ein Anbahnungsprozess im Monat Dezember sei sehr erfolgreich verlaufen." Da er sich vorher gedanklich im Jahr 2011 aufgehalten hat, müsste man vermuten, dass der Dezember 2011 gemeint ist. Aber auch Dezember 2010 kann nicht stimmen. 2010 hat es zwar einen "Anbahnungsprozess" mit Pflegeeltern gegeben. Da jedoch die Mutter Widerstand leistete, sprangen diese Pflegeeltern wieder ab. Den zweiten Versuch starteten Sankt-Mauritz-Kinderheim und Jugendamt in aller Heimlichkeit. Dazu gab es eine Gesprächsnotiz aus Februar 2011.

Eigentlich ist der Fall klar. Das hätte der Gutachter aber nur erkennen können, wenn er die Akten gleichsam von Widersprüchlichem, Ungenauem und schlicht Falschem befreit hätte, um einen Überblick zu bekommen. Der Mutter ist das Mädchen am 24. September 2009 im Gerichtssaal weggenommen worden. Das entscheidende Gespräch zwischen Mutter und Jugendamt fand dem Jugendamt zufolge am 28. September 2009 statt. Der Vater fehlte bei diesem Treffen. Das Gespräch hat aber keinesfalls am 28. September 2009 stattgefunden. Denn sonst ergäbe sich der folgende zeitliche Ablauf: 22. September 2009 Gefährdungsmeldung der Caritas, 24. September 2009 Kindesentzug, 28. September 2009 Gespräch mit der Mutter, deren Tochter noch zuhause ist.

Der Gutachter geht darüber hinweg, sonst hätte er mit dem 18. September 2009 den wirklichen Gesprächstermin herausgefunden. An diesem Tag hat die Mutter jede Zusammenarbeit für beendet erklärt, weil sie sich genervt fühlte von einer Jugendamtsmitarbeiterin, die sie auf Schritt und Tritt kontrollierte. Außerdem hatte sie den Kinderarzt gewechselt. Dennoch machte am 22. September 2009 die Caritas-Mitarbeiterin einen Hausbesuch. Die erklärte den Bruder zur Gefahr für seine Schwester, stellte Probleme des Säuglings bei der Nahrungsaufnahme fest und bescheinigte der Mutter eine gewisse Hilflosigkeit. Warum der neue Kinderarzt dem Baby zwei Tage später gute Gesundheit bescheinigt hat, muss jedem ein Rätsel bleiben. Dieses Attest ist bis heute auch von keinem Gericht gewürdigt worden. Der Gutachter macht das ebenfalls nicht. Er ist offenbar Partei, kein unabhängiger Analytiker. Sonst hätte er darauf kommen müssen: Die Erklärung der Mutter vom 18. September 2009 ist der eigentliche Grund für den Kindesentzug gewesen. Der hätte aber nicht lange Bestand gehabt. 

Zudem verschweigt der Gutachter die Existenz einer Großmutter aus Costa Rica, die 2009 in Deutschland gewesen ist, um ihrer Tochter zu helfen. Dass die Mutter dem Verwaltungsgericht von Münster ein Hilfesystem vorgeschlagen hat, erwähnt er ebenfalls nicht. Auch die immer seltsamer werdenden Begründungen für den Entzug erst des Mädchens, dann auch noch des Jungen zitiert der Gutachter nur dann, wenn sie gegen die Mutter gewendet werden können. Schon die Begründung, der Junge sei der Mutter im März 2010 wegen ihres Verhaltens im Gerichtssaal weggenommen worden, mutet merkwürdig an, der schließlich angeblich entscheidende Hinweis des Jugendamtes, die Mutter nehme die Wirklichkeit anders wahr als die Behörde, ist als Begründung lächerlich, denn jeder von uns nimmt das, was wir Wirklichkeit nennen, anders wahr als alle anderen. Wer das bestreiten wollte, müsste sich fragen lassen, ob er totalitären Gedankenmustern anhängt, zu denen Begriffe wie Volksseele und Volksempfinden gehören. Das marxistische gesellschaftliche Ohr will ich hier gar nicht erwähnen. 

Derweil blättert der Gutachter weiter in den Akten und findet dort zwei Besuchskontakte der Mutter mit ihrer Tochter im Sankt-Mauritz-Kinderheim. Den ersten erwähnt er nur mit dem Datum 9. November 2010, den zweiten vom 21. Januar 2011 ausführlich. Die Kleine habe bereits aggressiv reagiert, als sie nach Münster gebracht werden sollte. Das berichtet nicht etwa die Ersatzpflegemutter, das berichtet - so der Gutachter - das Sankt-Mauritz-Kinderheim. Die Ersatzpflegemutter erwähnt der Gutachter erst später - betrachtet sie aber wieder mit den Augen der Kinderheimmitarbeiterin: "(Das Mädchen) habe gelacht, jedoch immer wieder auch zur Pflegemutter herüber gesehen, als wenn sie um Hilfe bitte." Und wenn die Kleine sich nur gewünscht hat, dass die Ersatzpflegemutter mitspielt? 

Ich habe zweimal mit dieser Heimmitarbeiterin telefoniert. Beim ersten Mal erging sie sich in Andeutungen über die angeblichen Probleme der Mutter, die sie aber nicht näher erläuterte, beim zweiten Mal verwies sie mich an das Jugendamt, weil sie mit mir nicht mehr sprechen dürfe. Für die Andeutungen habe ich bis heute immer nur eine Erklärung gefunden: Die Heimmitarbeiterin wollte Zweifel säen. 

Folge 4: Hellseher im Familiengericht?



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